Der Blutkreuzweg

Der Mensch wird durch das Leid erst gehärtet,

um das Glück ertragen zu können;

so wie der Ton im Feuer gebrannt wird,

um Wasser fassen zu können.

 

Aurelius Augustinus

Die Tradition den Leidensweg Jesu anhand von Stationen aufzuzeigen, geht auf die Franziskaner im 14. Jahrhundert zurück. Sie führten Pilger in Prozessionen durch die Heilige Stadt und blieben immer wieder an historisch wichtigen Orten stehen, um Zusammenhänge mit der Kreuzigung Jesu zu erläutern. So entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte DER KREUZWEG.

 

Recordare möchte auch in diesem Jahr wieder einen ganz besonderen Kreuzweg vorstellen. EINEN BLUTKREUZWEG, der sich nicht an den klassisch benannten Kreuzwegstationen orientiert, sondern aktuelle Themen unserer Zeit mit dem Leidensweg des Herrn verbinden möchte. Auf Grund der weltweit angespannten Situation angesichts eines grausamen Krieges und einer Pandemie von noch nie dagewesenem Ausmaß, dürfte diese Bezeichnung kaum passender sein. Es bleibt dem meditativ Nachgehenden überlassen, wie tief er sich auf die folgenden Gedanken einlassen möchte. Es geht beim Betrachten auch darum, das "Bluten", das diesen Kreuzweg wie einen roten Faden durchzieht, ein Stück weit auszuhalten.

 

So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für uns hingegeben hat.

Voll Schmerz und Qual erstreckte sich der letzte Weg unseres Herrn.

Blutkreuzweg

Allmacht/Krieg: Früher nannte man sie Könige und Kaiser, die sich für allmächtig hielten. Heute können sie Politiker, Unternehmer oder sogar Herr Müller heißen. Menschen tyrannisieren, Menschen unterdrücken, Menschen verurteilen. Es gibt Menschen, die sich für wahre Götter halten und dies ihre Mitmenschen spüren lassen. Kräfte entstehen, die nicht nur ganze Staaten in den Krieg treiben und nichts als verbrannte Erde hinterlassen, sondern auch den Hass des Einzelnen entfachen. Wo immer sie auftaucht, die Allmacht, - im Großen oder im Kleinen, vielleicht manchmal in uns selbst - hinterlässt sie Unterdrückung, Streit und Schmerz - und sogar Krieg.

 

Herr, auch dich hat man angeklagt, gefoltert und hingerichtet, um Macht zu demonstrieren. Die damals schändlichste Todesart wählte man, um dich zu peinigen.

 

Freiwillig hast du dein Blut für uns am Kreuz geopfert, um uns zu erlösen. Somit vereinen wir uns mit deiner Schwachheit am Kreuz und bitten für alle Menschen, die unter Krieg und der Allmacht anderer leiden.

Corona: Die Welt schaut weiter auf die unsichtbare Bedrohung. Etwas in diesem Ausmaß noch nie Dagewesenes gefährdet immer noch das Leben von Menschen. Pandemie, Isolation, Quarantäne, Freiheitsbeschränkungen - Menschen müssen nach wie vor damit leben. Ein Virus greift ganze Völker an und zwingt sie gesundheitlich und wirtschaftlich in die Knie. Und die, die das Virus mit ganzer Härte trifft, ringen auf Intensivstationen nach Luft - nach dem Atem, der uns am Leben hält.

 

Herr, auch eine Kreuzigung war ein Erstickungstod, wie wir heute aus geschichtlichen Quellen wissen. Die meisten Gekreuzigten erstickten innerhalb eines Tages qualvoll.

 

Freiwillig hast du dein Blut für uns am Kreuz geopfert, um uns zu erlösen. Somit vereinen wir uns mit deinem letzten Atemzug am Kreuz und bitten für alle Menschen, die auf Grund des Corona Virus leiden und sterben müssen.

Egoismus: Das "Ich" bezeichnen wir als Errungenschaft einer fortschrittlichen Gesellschaft. Der Einzelne wird heutzutage mehr wahr genommen, als noch vor 100 Jahren. Darin stecken Chancen, aber auch Gefahren. Denn für viele lautet die Devise: Wir können alles haben und alles machen, um unsere persönlichen Wünsche und Ziele zu erreichen. Doch zu welchem Preis? Viel zu oft müssen unsere Mitmenschen darunter leiden. Während wir uns bereichern, haben andere nicht einmal das Nötigste zum Leben. Egoismus ist eine Krankheit, die nicht unseren Körper, sondern unser Herz befällt. 

 

Herr, auch du hast erfahren müssen, wie egoistisch Menschen sein können. So egoistisch, dass sie andere einfach töten.

 

Freiwillig hast du dein Blut für uns am Kreuz geopfert, um uns zu erlösen. Somit vereinen wir uns mit deiner liebevollen Selbstlosigkeit am Kreuz und bitten für alle Menschen, deren Herz für die Nöte anderer verschlossen bleibt.

Angst: Eigentlich sind Angstgefühle von der Natur als wirksamer Schutzmechanismus für uns vorgesehen. Doch leider machen sie uns manchmal auch bewegungslos, hindern uns einzugreifen, zu helfen, Entscheidungen zu fällen, Verantwortung zu übernehmen oder neue Wege zu suchen. Aus Angst geschieht viel Unrecht auf der Welt. Angst schüchtert ein. Angst nimmt uns den Mut. 

 

Herr, auch du hast schwere Ängste vor deinem Tod ausgestanden. So schwer, dass du sogar Blut geschwitzt hast.

 

Trotzdem hast du freiwillig dein Blut für uns am Kreuz geopfert, um uns zu erlösenSomit vereinen wir uns mit deiner Angst am Kreuz und bitten für alle Menschen, die fürchterliche Ängste ausstehen und überwinden müssen.

Einsamkeit: Viele Menschen werden von Einsamkeit gequält. Trotz unseres Fortschritts gelingt es uns bis heute nicht, dieses Gefühl der Leere zu besiegen. Menschen fühlen sich ausgegrenzt, unverstanden, ungeliebt. Für manche wird dieser Zustand chronisch, sodass Körper und Psyche schwer erkranken. Manche suchen nach dem letzten Ausweg und nehmen sich selbst das Leben.

 

Herr, auch du musstest vom Kelch der Einsamkeit trinken. Besonders in deiner größten Angst haben dich die Deinen allein gelassen. Am Kreuz selbst fühltest du dich sogar von Gott verlassen.

 

Freiwillig hast du dein Blut für uns am Kreuz geopfert, um uns zu erlösen. Somit vereinen wir uns mit deiner Einsamkeit am Kreuz und bitten für alle Menschen, die nicht die Kraft haben, sich aus der Einsamkeit zu befreien.

Missbrauch: Taten von Missbrauch - in jedweder Form - erschüttern wie ein Erdbeben das Urvertrauen des Menschen zu anderen. Besonders erschreckend ist diese Tatsache, wenn es um Kinder geht. Katastrophal, wenn auch das Antlitz der Kirche durch Täter aus den eigenen Reihen mit Blut befleckt wurde. Ignorieren, herunterspielen, wegschauen und nichts tun infolge von Scham und Furcht öffnen Tätern auch zukünftig alle Türen für solche Verbrechen.

 

Herr, auch du musstest erfahren, wie die Soldaten dir die Kleider vom Leib rissen - was es bedeutet bloß gestellt zu werden

 

Freiwillig hast du dein Blut für uns am Kreuz geopfert, um uns zu erlösen. Somit vereinen wir uns mit deiner Scham am Kreuz und bitten für alle verletzten Menschen, die von anderen seelisch und körperlich ausgenutzt und missbraucht wurden.

Tod: Menschen müssen sterben. Doch diesen Teil, der auch zum Leben dazu gehört, können wir oft nur schwer an uns heranlassen. Besonders dann, wenn der Tod in unserer Umgebung plötzlich und unerwartet eintritt. Der Tod bleibt für uns Menschen der geheimnisvolle Unbekannte, das dunkle traurige Ende von allem. Somit neigen wir heute immer mehr dazu, so viel wie möglich in unsere Lebenszeit auf Erden hinein zu pressen, um nichts zu verpassen. Denn nur wenige in unserem Land haben die Überzeugung, dass die Seele auch nach dem Tod weiterleben wird.

 

Herr, du hast bereitwillig das Kreuz umarmt und dem Tod in seiner hässlichsten Gestalt mitten ins Angesicht geschaut

 

Freiwillig hast du dein Blut für uns am Kreuz geopfert, um uns zu erlösen. Somit vereinen wir uns mit deinem Tod am Kreuz und bitten für alle Menschen, die vor dem Tod erschaudern und für jene, über die der Tod große Trauer bringt.

Schuld: Schuld und Vergebung - große Worte seitdem es Menschen gibt. Während man im Mittelalter noch mit dem Weltgericht Gottes drohte und durch Ablasshandel das Freikaufen von Sündenstrafen vermarktete, suchen heute viele Menschen die wahre und existentielle Vergebung. Tun sie das wirklich? Denn wer schuldig wird, trägt nicht nur eine schwere Last im Innern, sondern er erlebt immer mehr Entfremdung von sich selbst, vom Guten, von der Liebe, von Gott.

 

Herr, du hast die Schuld der gesamten Menschheit mit dem Kreuzestod auf deine Schultern geladen. Du weißt, wie erdrückend diese Last sein kann.

 

Freiwillig hast du dein Blut für uns am Kreuz geopfert, um uns von aller Schuld zu erlösen. Somit vereinen wir uns mit deinem Blut am Kreuz und bitten für alle Menschen um freimachende Vergebung und Erlösung.

Erst wenn wir die dunkelsten Stunden überlebt haben, ahnen wir, was Auferstehung heißt.

 

Ernst R. Hauschka

Das Leiden Jesu findet schlussendlich seinen Sinn in der Auferstehung. Das Versprechen Gottes an uns, dass wir nach der Nacht des Todes in einen neuen Morgen gehen - der aufgehenden Sonne entgegen. Wir dürfen hoffen - trotz aller Widrigkeiten in dieser Welt - denn durch Jesus Christus hat Gott alle Wunden geheilt.

Jesus Auferstehung

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