Königsnachfolge
 

Es war einmal ein guter und gerechter König, der das Ende seines Lebens nahe kommen sah. Er hatte drei Söhne. Sie waren fleißig und wohl erzogen herangewachsen. Doch konnte sich der König nicht entscheiden, welchem seiner Söhne er die Herrschaft seines Königreichs übergeben sollte. So entschloss er sich, ihnen eine Aufgabe zu stellen. Der Königssohn, der sie am besten erfüllte, sollte sein Nachfolger werden. So ließ er seine Söhne zu sich rufen und sagte: "Wer von euch mir den Thronsaal bis zum Abend bis zum Rand füllt, soll mein Nachfolger werden. Womit ihr den Saal füllt, das bleibt eure Entscheidung. Jedoch dürft ihr dafür nicht mehr als eine Münze ausgeben."

 

So machten sich die Königssöhne auf den Weg, um etwas zu finden, womit sie für nur eine Münze den ganzen Thronsaal füllen könnten.

 

Der erste Königssohn kam bald zu einem großen Feld, auf dem der Bauer gerade das Getreide gedroschen hatte. Er fragte ihn, ob er das übrig gebliebene Stroh haben könnte; er würde dem Bauer dafür eine Münze geben. Der Bauer bejahte dies sehr gerne, denn er hatte genug Stroh und wusste schon gar nicht mehr wohin damit. Und nun bekam er noch Geld, dafür dass ein anderer ihm das ganze Stroh von seinem Feld wegschaffte. Der erste Königssohn war nun bis zum Abend beschäftigt das ganze Stroh vor dem Königsschloss aufzuschichten.

 

Der zweite Königssohn kam bald zu einem Fluss. Hier sah er, wie mehrere Männer große Steine aus dem Flussbett heraus trugen. Er fragte sie, was sie mit den Steinen machen würden. Sie erklärten ihm, dass die großen Steine weg müssten, denn das Wasser würde immer mehr aufgehalten und käme nur noch als Rinnsal im Tal an. Daraufhin fragte der Königssohn ob sie ihm einen Dienst erweisen würden und die Steine vor das Königsschloss bringen würden. Er würde ihnen dafür eine Münze geben. Die Männer waren einverstanden, denn die Steine mussten sowieso weggebracht werden und niemand hatte eine Verwendung für sie. So ließ der zweite Königssohn bis zum Abend die großen Steine zum Königsschloss bringen.

 

Der dritte Königssohn war ebenfalls ausgeritten und hatte sich den ganzen Tag unter einem Baum ausgeruht und nachgedacht. Gegen Abend kam auch er zurück zum Königsschloss geritten, wo seine beiden Brüder mit dem Vater bereits auf ihn warteten.

 

Der König fragte nun einen Sohn nach dem anderen, womit er den Thronsaal füllen wolle. Der Erste entgegnete ihm: "Sieh Vater, ich habe für nur eine Münze so viel Stroh bekommen. Damit kann ich leicht den ganzen Thronsaal füllen." Der König murmelte nur etwas und wendete sich dem zweiten Sohn zu. Dieser blickte voll Stolz auf die Steine und sagte: "Vater, ich habe für eine Münze diese schweren Steine bekommen und kann damit leicht den ganzen Thronsaal füllen. Wieder murmelte der König und fragte seinen dritten Sohn: "Und womit willst du den Thronsaal füllen?"

 

Der dritte Königssohn erwiderte: "Komm mit und sieh." Er ging in den Thronsaal, seine Brüder und der Vater folgten ihm neugierig. Da zog der Königssohn eine kleine Kerze, die nicht mal eine Münze wert war, aus seiner Tasche, entzündete sie und stellte sie in die Mitte des Thronsaals auf einen Leuchter. Sofort wurde der gesamte Raum hell erleuchtet. Da freute sich der Vater und sagte zu ihm: "Deine Brüder wollten den Thronsaal nur mit nutzlosen Dingen füllen, du aber hast ihn mit dem erfüllt, was die Menschen in der Dunkelheit brauchen: Licht. Du sollst mein Nachfolger sein!

 

(nach Peter Blesser)



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