Der unerkannte Gast

 

Es war einmal eine alte Frau, der hatte der liebe Gott versprochen, sie heute zu besuchen. Darauf war sie nun nicht wenig stolz. Sie scheuerte und putzte, backte, kochte und tischte auf. Und dann fing sie an, auf den lieben Gott zu warten.

 

Auf einmal klopfte es an der Tür. Geschwind öffnete die Alte. Draußen stand ein armer Bettler. Die Alte sagte: „Nein, in Gottes Namen, geh heute deiner Wege! Ich warte gerade auf den lieben Gott, ich kann dich nicht aufnehmen.“

 

Kurz darauf kam eine Nachbarin und wollte einen Rat von ihr. Aber die Alte sagte zu ihr: „Ich habe keine Zeit, ich warte auf den lieben Gott.“

 

Ein Kind, das frierend bei ihr anklopfte, schickte sie ebenfalls weg: „Ich warte auf den lieben Gott. Ich kann dich nicht aufnehmen.“ Und sie wartete weiter.

 

Die Zeit verrann. Es ging schon auf den Abend zu und immer noch war der liebe Gott nicht bei ihr erschienen. Wo mochte er nur geblieben sein? Zu guter Letzt ging sie betrübt zu Bett. Im Traum erschien ihr der liebe Gott. Er sprach zu ihr: „Dreimal habe ich dich heute aufgesucht und dreimal hast du mich nicht empfangen.“

 

(nach einer russischen Legende)



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